Im Jahr 2015 feiert die Hessische Spielgemeinschaft ihr neunzigjähriges Jubiläum. Der Höhepunkt des Jubiläumsjahres ist die Neuinszenierung des Darmstädter Leib- und Magenstücks „Datterich“, die am 06. Juni im Kleinen Haus des Staatstheaters Premiere gefeiert hat.
Das ist die Gegenwart, wie aber ist die Spielgemeinschaft entstanden?
„Zu Beginn der Spielzeit 1924/25 war Ernst Legal Intendant des Hessischen Landestheaters geworden. Mit richtigem Instinkt sah er in der Pflege des Darmstädter Lokalstücks [Datterich] ein neues Feld szenischer Ausdrucksmittel seiner Bühne und setzte sich mit Eduard Göbel […] in Verbindung. Er gab ihm den Auftrag, eine Anzahl geeigneter Laiendarsteller ausfindig zu machen, die, zu einer festen Gemeinschaft zusammengeschlossen, von dem Landestheater auf dem theatertechnischen Sektor unterstützt, das Darmstädter Lokalstück in unverfälschter und künstlerisch gehobener Weise zur Darstellung zu bringen vermöchte. […] ‚Ich glaube’, sagte damals Intendant Legal in der Gründungsversammlung im Herbst 1925, ,dass meine Berufsschauspieler sehr wahrscheinlich den Datterich besser darstellen würden, aber ebenso bin ich überzeugt, dass mundartgetreue Laienspieler dem Datterich zu einem größeren Erfolg verhelfen.’“
Damit war sozusagen der Spielgemeinschaft das Gerüst eingezogen.
Erstens die Mundart. Bei Stücken in Hochsprache sind die „richtigen“ Schauspieler nun einmal besser, wenn aber der Dialekt nicht sitzt, so leidet auch das beste Stück.
Zweitens die Zusammenarbeit mit dem Theater. Die Hessische Spielgemeinschaft ist seit ihrer Gründung eingebunden in die Arbeit des früheren Landes-, heutigen Staatstheaters, denn eine Produktion ohne den professionellen technischen und organisatorischen Beistand des Theaters ist undenkbar. Wir sind dankbar, dass auch die neue Theaterleitung in diesem Sinne mit uns zusammenarbeitet.
Drittens die Spielfreude der Akteure. Sie opfern viel von ihrer Freizeit für das Vergnügen am und im Theater, da ja viele „nebenbei“ (was man während der Endproben tatsächlich fast wörtlich nehmen kann) noch einem Beruf nachgehen.
Im Lauf der Jahre hat sich das Repertoire erheblich erweitert: Neben den Datterich traten in der Ära Robert Stromberger Zuckmayers als tragende Säulen „Der fröhliche Weinberg“ und „Katharina Knie“, Harald Schäfer hat vom gleichen Autor den „Schinderhannes“ inszeniert. Es spricht sicher für die Qualität der Arbeit, dass alle diese Stücke vom Fernsehen aufgezeichnet wurden.
Nach einem „inneren Beben“ im Verein hat als neue Regisseurin Anne Georgio auch neue Stücke erarbeitet, nämlich Molières „Schule der Frauen“ in einer Mundartfassung von Wolfgang Deichsel und „Das Wirtshaus im Spessart“. Dass der Datterich nicht nur in einer Interpretation denkbar ist, hat zunächst Michael Quast mit seiner Inszenierung demonstriert und das belegt aktuell die Fassung von David Gieselmann.
Die Hessische Spielgemeinschaft zeigt mit dem oben Beschriebenen eine gesunde Mischung aus Beharrungsvermögen und Innovation, ist aber weit entfernt von Altersstarrsinn und Aktionismus, sodass wir guter Hoffnung sind, uns auch zum 100jährigen wieder mit einer Festschrift zu präsentieren, die für das diesjährige Jubiläum ihr Aussehen auch verändert hat. Bleiben Sie uns auch weiterhin gewogen!