Ich schreib mich Eduard Göbel 1925 – 1944

Da Eduard Göbel den Datterich schon 1915 im Hoftheater und bei der Spiel- gemeinschaft in der Zeit von 1925-1944 gespielt hatte, dürfte die Zahl der alten Darmstädter, die ihn noch auf der Bühne gesehen der gar mit ihm gespielt haben, nicht mehr allzu groß sein. Er soll uns daher zunächst von einem Freund, dem Maler Adolf Beyer, etwas näher gebracht werden.

Mit Eduard Göbel bin ich mehrere Jahre aufs Realgymnasium in Darmstadt gegangen. Schon sehr frühzeitig zeigte sich die Neigung des jungen Göbel für alles künstlerische und sein Interesse für das Theater. Zunächst war er in Berlin Schauspieler. Hauptsächlich auf Veranlassung seines Schwiegervaters, des Geheimrates Jacobi, hatte er sich dort dann als Tenor ausbilden lassen und ein Engagement nach Breslau bekom- men. Sein nächstes Engagement war in Lübeck, wo er den damaligen Dirigenten Abendroth kennen lernte, mit dem er bis zu seinem Lebensende freundschaftlich verbunden war. Als Heldentenor, um- schwärmt von den jungen Mädchen, errang er später auch in Strelitz (Mecklenburg), in Hannover, Halle und Saarbrücken Erfolge, verlor allerdings durch Überanstrengung seine Stimme.

Nach Darmstadt zurückgekehrt, wurde er beim Hoftheater als Schauspieler verpflichtet.

In den 20er, 30er und in den Kriegsjahren hat Göbel mich regelmäßig besucht und mir häufig stundenlang beim Malen zugesehen. Er war ein ausgezeichneter munterer Erzähler, der immer ein paar Zitate auf den Lippen hatte und Frohsinn um sich verbreitete, wohin er kam. Überall war er bekannt und beliebt. Zu seinen Freunden zählten auch Professor Ludwig Habich, dem er gleichfalls häufig wie mir in dessen Atelier zuschaute. Unsere Ateliers lagen auf der Mathildenhöhe in Nähe des Ernst-Ludwig-Hauses einander gegenüber. Zu Göbels Freunden zählten ferner die Schauspieler Kurt Westermann, Knispel, Hacker und Robert Schneider. Aus der tiefen Freundschaft heraus, die ihn mit ihm verband, rezitierte er ihn am besten.

Als Göbel am 21. September 1937 den Datterich zum 100. Male spielte, gab es in den Pausen Zwischenaktmusiken, dargeboten von Mitgliedern des Theaterorchesters unter der Leitung von Göbels Freund Hermann Abendroth, der zu diesem Jubiläum aus Leipzig herbeigeeilt war. Eduard Göbel starb am 10. Dezember 1945 im Krankenhaus in Goddelau, da die Darmstädter Krankenhäuser, soweit sie nicht zerstört waren, keinen Platz hatten. Mit seinem Tod ist ein Stück Alt-Darmstadt fortgegangen.“

Aus „Erlebte Vergangenheit. Darmstädter Bürger erzählen II.“
Herausgegeben von Maria Stirtz, Eduard Roether Verlag 1982